"Wohnbau anDers"


Der Grazer Gemeindebau „anDers" wirft veraltete Konzepte über Bord und belebt so einen ganzen Bezirk. Der erste Kommunalbau in Passivhausbauweise der steirischen Landeshauptstadt wurde mit Schöck-Technologie realisiert.

In der Flosslendstraße im einst klassischen Grazer Arbeiterbezirk Lend laufen die letzten Arbeiten zur Fertigstellung des Wohnbauprojekt „anDers", das – errichtet von der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft ENW im Auftrag der Stadt Graz - im  Frühjahr 2013 bezugsfertig sein soll.

„Nomen est omen"  ist für das Projekt auf dem Grund einer  ehemaligen Ziegelei zutreffend, denn die 43 Gemeindewohnungen sind die modernsten, die es in Graz gibt. Sie ermöglichen lebenslanges Wohnen und sind barrierefrei.

Das Projekt Wohnbau „anDers", basiert auf einer vom städtischen Wohnungsamt in Auftrag gegebenen Studie betreffend gesellschaftlicher und sozialer Voraussetzungen an einen kommunalen Wohnbau.

2009 beauftragte die Stadt die sozial engagierte Architektin Elisabeth Lechner, anhand des Grundstücks Flosslendstraße 13-15 aufzuzeigen, wie kommunaler Wohnbau ganzheitlich organisiert werden kann.

Die Studie zum Grazer Gemeindebau „anDers" machte das Grundstück zum Herzen eines ganzen Wohngebiets. Als es nach Fertigstellung der Studie so weit war, das Gelände zu bebauen, wurde Lechner auch mit der Umsetzung beauftragt.

Nicht nur die Bauweise macht beim Gemeindebau „anDers" den Unterschied. „Jede der 43 Wohnungen hat einen Balkon, wie das ist im geförderten Wohnbau vorgeschrieben ist, aber diese sind besonders großzügig dimensioniert", berichtet Architektin Lechner: „Ich mag jedoch keine Konsolen, sondern habe  das Gebäude mit auskragenden Balkonen und Laubengängen geplant und dazu ist der Isokorb die richtige Lösung". Rund 600 Stück Isokorb XT wurden verwendet. Der ausgewählte Isokorb XT gewährleistet nicht nur einen optimalen thermischen Schutz gegen Wärmebrücken sondern auch Barrierefreiheit und erhöhten Brandschutz.

Auch der Schallschutz spielte bei dem Projekt eine große Rolle: So sorgt die Schöck-Tronsole im Gebäudeinneren dafür, dass der Trittschall gedämpft wird. Für die Abschirmung nach außen wurden massive Ziegel in Blockbauweise mit 26 cm Dicke sowie eine Schallschutzverglasung verwendet. Die innen verlaufende Wohnraumlüftung gewährleistet einen ständigen Luftaustausch. So müssen sich die Mieter beim Lüften dem tagsüber rund 60 dB starken Straßenlärm nicht aussetzen.

Jede Wohnung verfügt neben der eigenen Terrasse oder dem eigenen Balkon über einen Fernwärmeanschluss sowie über einen Tiefgaragenabstellplatz. Das Haus wurde unter den strengen Richtlinien des „klima:aktiv"-Kriterienkataloges errichtet und ist außerdem der erste kommunale Wohnbau in Graz, der als Passivhaus errichtet wurde. Hier erwies es sich auch als vorteilhaft, dass der Schöck Isokorb als einziges Bauelement am Markt vom Passivhausinstitut für den Einsatz in Passivhäusern zertifiziert ist.

Zur Energieversorgung dient auch eine 125 m² große Photovoltaikanlage auf dem Dach. Zu ebener Erde wurde eine Solartankstelle errichtet.  „Es war von Anfang bis Ende ein Pilotprojekt und ich wollte eine besonders schöne Lösung", erklärt die Architektin. Diese solle auch dem Traum vom Einzelhaus entgegenwirken.

„Die Stadtplanung hätte zu dem Nachbargebäude einen Abstand von acht Metern vorgeschrieben", erklärt Elisabeth Lechner. „Wir haben vorgeschlagen, dass wir in Blockrandbebauung anbauen könnten." Der Sinn dahinter war die bessere Ressourcennützung – es entstanden sieben ursprünglich nicht geplante Genossenschaftswohnungen -, die Blockrandbebauung dient zusätzlich beiden Gebäuden als Lärmschutz zur Hauptstraße und durch den Zusammenschluss entstehen auf beiden Grundstücken ruhige Innenhöfe für die Bewohner.

In der gemeinsamen Tiefgarage finden 50 Autos und 160 Fahrräder Platz.

Auch das Kinderparlament, eine Einrichtung der Stadt Graz, wurde einbezogen Erstmals konnten Kinder bei der Planung und Gestaltung eines Wohnbau ihre Anregungen und Ideen einbringen: „Kinder sehen Wohnräume einfach anders, das Kinderparlament erarbeitete eine Liste, was sie brauchen und was ihnen wichtig ist." Unrealistische Wünsche gab es dabei kaum, erzählt der Projektleiter des Bauträgers ENW, Josef Bernhofer. „Nahezu die Hälfte der Wünsche konnten wir erfüllen, zum Beispiel Jalousien, Brandmelder, Abstellräume oder getrenntes Bad und WC."

Es gibt 13 verschiedene Wohnungstypen mit Größen zwischen 43 und 93 m². Allen eigen ist dabei eine Wohnküche mit Morgensonne. Besonderen Ideen hatte Lechner dabei für die Grundrisse.  „Das Wohnungsamt gibt vor, welche Wohntypen umgesetzt werden müssen. So muss eine 90 m² große Wohnung drei Schlafzimmer, einen Wohnbereich und eine Küche haben und ein Schlafzimmer muss mindestens 10 m²  groß sein." Eine 75 m² -Wohnung wird nach den alten Modellen für eine dreiköpfige Familie berechnet. „Die Realität sieht aber oft ganz anders aus", erklärt Lechner: „Oft ziehen Großfamilien in Wohnungen ein, die meist kein klassisches Wohnzimmer brauchen und diesen Raum vermutlich eher als Elternschlafzimmer oder als zusätzlichen Schlafraum für Besucher nutzen werden." Wenn sich dann noch etwas in der Familienzusammenstellung ändert, haben die Mieter kaum freie Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb erstellte die Architektin einen nutzungsneutralen Grundriss. „So gibt es keine zwingenden Vorgaben, wo ein Wohn- oder Esszimmer sein muss." Es gibt auch zwei Studenten- und zwei verschieden große Behindertenwohnungen. Deren Bedürfnissen entsprechend sind die Wohnungen barrierefrei und die Gänge breiter als üblich.

Eine Besonderheit stellt der im Gemeindebau aus Kostengründen nicht übliche Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss dar. Er ist so ausgestattet, dass er, falls er  nicht gemeinschaftlich genutzt wird oder in einigen Jahren kein Interesse mehr daran bestehen sollte, ohne viel Aufwand in eine Wohnung umgebaut werden kann.

Als attraktives Element wurde ein 1.000 m²  großer Quartierspark geplant, der auch der unmittelbaren Nachbarschaft als grüne Oase in der Innenstadt zur Verfügung steht. Durch die verplante Parkfläche fließt der Mühlgang, ein Abfluss zur Mur, der mit einer Promenade zusätzlich verschönert wird.

Bautafel

Auftraggeber: Stadtgemeinde Graz
Bauträger: ENW Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft
Architektur: DI Elisabeth Lechner, Graz
Bauphysik: DI Erwin Kaltenegger, Passail
Statiker: DI Johann Birner, Graz
Baufirma: Strobl Bau, Weit-Preding
Baubeginn: Dezember 2011
Fertigstellung: Frühjahr 2013
Projektgröße: 43 Wohneinheiten plus 1 Gemeinschaftsraum
Photovoltaik: 5 KWh/125 m² Solaranlage
Tiefgarage: 50 Pkw, 160 Fahrräder
Grundstücksgröße: 4.540 m²
Bebaute Fläche: 1.090 m²
Öffentliche Grünfläche: 1.000 m²

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