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TU Berlin: Neubau für Elektronenmikroskopie

Spezialbau für die Forschung: Am Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin entsteht ein neues Gebäude für extrem empfindliche Elektronenmikroskope – die sogenannten Transmissions-Elektronenmikroskope (TEM). Damit diese Hightech-Instrumente exakt arbeiten können, müssen Schwingungen von außen so gering wie möglich gehalten werden. So dürfen sich beispielsweise die 300 Meter entfernte U-Bahn-Linie und der Straßenverkehr nicht störend auf das Gebäude auswirken. Auch die Störanfälligkeit der Mikroskope gegenüber elektromagnetischen Feldern machte den Bau bereits in der Planung zu einem anspruchsvollen Projekt. Die hohen Anforderungen konnten unter anderem durch aufwändige Baugrundverbesserungen sowie durch punktuelle glasfaserverstärkte Kunststoffbewehrungen (GFK) von Schöck erfüllt werden. Letztere sind elektromagnetisch nicht leitend und besitzen dennoch ähnliche Verbundeigenschaften wie Betonstahl.

An der TU Berlin wird eigens für die Installation extrem empfindlicher Transmissions-Elekronenmikroskope (TEM) ein spezielles Gebäude errichtet. Zusammen mit einem Partner hat Professor Dr. Michael Lehmann vom TU-Institut für Optik und Atomare Physik ein speziell angepasstes TEM entwickelt. Dieses wird neben drei weiteren Mikroskopen im neuen Gebäude aufgestellt. Das Elektronenmikroskopie-Gebäude ist eingeschossig und ragt maximal sieben Meter über das Gelände hinaus. Im Kerngebäude stehen für die Mikroskope vier Räume mit insgesamt 200 Quadratmetern und einer Raumhöhe von fünf Metern zur Verfügung.

Ungewöhnliche Anforderungen

Die Anforderungen an den Neubau waren ungewöhnlich hoch: Es waren Grenzwerte vorgegeben, die über dem liegen, was der Mikroskophersteller als Mindestanforderung für den gewährleisteten Betrieb angibt. Es mussten also noch bessere Laborbedingungen geschaffen werden, als sie für die Nennauflösung dieser Geräte vorgeschrieben sind. Die Nebengebäude bestehen aus normalem Mauerwerk mit Holzbalkendecken. Die gesamte Konstruktion ist auf Unterdrückung von Resonanz bemessen: Die Eigenfrequenz der Deckenschwingungen sollte über dem Wert liegen, der aus den umgebenden Baugrundvibrationen angeregt werden kann.

Das renommierte Büro Schlaich Bergermann und Partner (Stuttgart, Berlin und New York) wurde mit der Tragwerksplanung beauftragt, da es bereits Erfahrung mit GFK-Bewehrungen aufweisen konnte. Zur Optimierung der Bodenbeschaffenheit wurden aufwändige Verbesserungen durchgeführt, die normalerweise nur an Stellen vorgenommen werden, an denen die Tragfähigkeit unzureichend ist. Dazu wird mit speziellen Maschinen ein Zementleim in den Boden injiziert und mit dem bestehenden Boden vermischt – das sogenannte Mixed-In-Place-Verfahren. So wird ein Magerbetonkörper unter dem späteren Bauwerk hergestellt und das Fundament optimiert. „Dazu gab es neben uns als Tragwerksplaner diverse Fachgutachter, die die Randbedingungen für unsere Planungen beschrieben und mit uns abgestimmt haben“, erklärt Professor Schlaich. Die Schwingungen im Baugrund, die Bodendynamik sowie die Übertragung der Schwingungen auf das Gebäude mussten vorab geklärt werden.

GFK-Bewehrung verhindert elektromagnetische Induktion

Die zweite Herausforderung an das Bauvorhaben, war die Störanfälligkeit der Elektronenmikroskope gegenüber elektromagnetischen Feldern. Eine durchgehende Stahlbewehrung des Kerngebäudes war damit von vornherein ausgeschlossen. Denn eine umlaufende oder in Schleifen geführte Stahlbewehrung bildet eine elektrisch leitende Spule, in der sich ein elektromagnetisches Feld aufbauen kann. Um dies zu unterbinden, wurde an bestimmten Stellen die GFK-Bewehrung von Schöck verwendet.

Jeweils in den Bereichen, wo Wand und Decke beziehungsweise Bodenplatte aufeinander treffen, wurde die Bewehrung aus Stahl unterbrochen. Das Kerngebäude wurde so punktuell mit GFK bewehrt. Zur Frage der elektromagnetischen Entkopplung hat sich das Büro Schlaich mit dem späteren Nutzer, Professor Lehmann, abgestimmt. Als Physiker beherrscht er nicht nur das Thema, sondern konnte an seinem Institut bereits Erfahrungen mit vergleichbaren Baustellen sammeln. „Professor Lehmann hat vorgegeben, dass die tatsächlich relevanten Störfelder erst ab einem Maßstab entstehen können, bei dem eine leitende Schleife einen Durchmesser von mehreren Metern hat. Es hat sich die Lösung abgezeichnet, dass man einzelne Bauteile, beispielsweise eine Bodenplatte, einen Wandabschnitt oder ein Deckenfeld, in sich ganz normal mit Betonstahl bewehren und an den Randstellen eines Plattenstücks beziehungsweise einer Wand, eine elektromagnetische Trennung anbringen muss“, so der Ingenieur Schlaich.

Das sei auch Thema bei dem Ringbalken gewesen, der im Kopf und der umgebenden Mauerwand liegt, die das Gebäude umschließt. Der Ringbalken musste mehrfach getrennt werden, weil er mit seiner Länge von 20 Metern zu zusätzlichen Störeffekten geführt hätte. So wurde genau an diesen Stellen konstruktiv mit ComBAR bewehrt. Die Schöck-Mitarbeiter standen dabei für technische Fragen zur Verfügung und reagierten schnell – für eine gute Zusammenarbeit.

Fazit

Aus ingenieurtechnischer Sicht weist das Gebäude einen für diese Größe ganz normalen Planungs- und Bauablauf auf, aber die Besonderheiten mit dem Schwingungsschutz und die elektromagnetische Sensibilität bei der Nutzung waren die Herausforderungen. Der konstruktive Aufwand und die Materialkosten waren höher und auch bei der bauausführenden Firma lag eine größere Sorgfaltspflicht. Im März 2009 wurde die Genehmigungsplanung erstellt, Richtfest war Ende November 2009 – unter anderem inklusive aller Nebengebäude, der Gründung und der Gründungsverbesserung.

Autor: Jörg Pfäffinger

Bautafel / Planungsbeteiligte
Architekt:

Nöfer Architekten, Tobias Nöfer, Berlin
Tragwerksplanung:
Schlaich Bergermann und Partner,
Beratende Ingenieure im Bauwesen, Stuttgart, Berlin, New York
Sondergutachter für Bauwerksschwingungen:
Prof. Stühler, emer. Prof. für Schwingungslehre, TU Berlin
Bodengutachten Baugrundverbesserungen
und Bodenschwingungen:

GUD Geotechnik und Dynamic Consult, Ingenieurbüro, Berlin
GFK-Bewehrung: Schöck ComBAR, Nenndurchmesser 16 Millimeter

Hintergrund:
Schöck ComBAR ist ein Bewehrungsstab aus glasfaserverstärktem Kunststoff, der als Alternative zu Betonstahl oder Edelstahl eingesetzt wird. Das Schöck-Produkt ist hoch korrosionsbeständig, resistent gegen Chemikalien und elektrischen Strom. Der Name ComBAR leitet sich von composite rebar ab und ist gleichbedeutend mit Verbundwerkstoff zur Bewehrung. ComBAR eignet sich als Sonderbewehrung für Spezialanwendungen im Brückenbau, Straßenbau, Hafenbau, bei Fassaden, Industrieböden oder Parkgaragen. Aufgrund der leichten Zerspanbarkeit ist die GFK-Bewehrung auch temporär für den Bau von Schachtwänden, beispielsweise im Tunnelbau, geeignet.