Das ehemalige Schwesternwohnheim aus den 70er Jahren in der Kölner Florastraße wird bereits seit Jahren als konventionelles Wohngebäude genutzt. Im Zuge des Neubaus einer Kindertagesstätte im Sockelbereich des Wohnhauses plante die Architektin auch die Sanierung der Fassade und den Anbau von insgesamt 42 Balkonen. Für die Befestigung der zirka je sieben Tonnen schweren Stahlbetonbalkone kam eine besondere Lösung des Schöck Isokorb zum Einsatz.
Die Modernisierung von älteren Gebäuden, die nicht mehr dem heutigen Standard entsprechen, gehört im innerstädtischen Bereich mit zu den wichtigsten städtebaulichen Aufgaben. Ressourcenschonung durch das Nutzen vorhandener Bausubstanz und die energetische Sanierung des Gebäudes − in jeder Hinsicht ein Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung.
Das Architekturbüro Isolde Rebscher aus Köln plante die Neugestaltung des Wohngebäudes aus den 70ern und den Anbau einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss. Die Bauherren entschieden sich, von den insgesamt 72 Wohnungen nachträglich 42 mit Balkonen auszustatten, um die Wohnqualität dem heutigen Stand anzupassen und aufzuwerten. Da die Waschbetonfassade des siebenstöckigen Wohngebäudes aus energetischen und optischen Gründen nicht mehr zeitgemäß war, wurde diese neugestaltet. Auf die bestehende vorgehängte Waschbetonfassade kam ein Wärmedämmverbundsystem mit abschließendem weißen Putz. „Die Kindertagesstätte sollte auch optisch stärker mit dem bestehenden Wohnhaus in Verbindung gebracht werden, daher nutzen wir einen grünen Farbton in den Fensterprofilen der Kita und in den Paneelen zwischen den Fenstern des Wohngebäudes. Ich wollte die Balkone auf keinen Fall mit Stützen realisieren, da sie zum einen das Fassadenbild gestört und zum anderen auch bis hinunter zur Kita gereicht hätten“, erklärt Isolde Rebscher. Das Bauwerk wurde in der sogenannten „Schottenbauweise“ errichtet. Diese ist gekennzeichnet durch eine primäre, tragende Struktur aus parallelen Wänden senkrecht zur Längsachse des Gebäudes, die als Schotten bezeichnet werden; stabilisiert wird das Gebäude mittels aussteifender Längswände über den Deckenverbund. Sowohl Decken als auch Wände wurden in Stahlbeton ausgeführt.
Während der Zeit der Fassadensanierung waren die meisten Wohnungen bewohnt. Daher mussten die Mieter ihre Wohnungen für die Bauzeit zwei Meter für eine Staubschutzwand zurückräumen. Die Brüstungen als Durchgang zum Balkon wurden abgebrochen und die Fertigteilbalkone von vorne mit einem Autokran direkt an die Fassade angehangen und neue Fenster eingesetzt.
Für das nachträgliche Anbringen von Balkonen an Bestandsgebäude hat sich der Schöck Isokorb Typ R bewährt, da er direkt an die Bestandsdecke anschließt. In diesem Fall gab es aber Umstände, die diese Lösung nicht zuließen: Aus Gründen des Brandschutzes mussten die Balkone in Stahlbeton ausgeführt werden, die als Fertigelement ca. sieben Tonnen wiegen. Die bestehende Gebäudedecke, an die normalerweise der Balkon montiert wird, hat jedoch nur eine Dicke von 14 Zentimetern. „Bei diesem kleinen Querschnitt ist die Gefahr groß, dass die Bohrungen bei der erforderlichen Tiefe schräg laufen und so Teile der Bestandsdecke abplatzen“, erläutert Peter Löw von der Löw und Partner GbR aus Leverkusen die Schwierigkeit. Es galt also dieses Biegemoment, dass durch das hohe Gewicht der Balkone entsteht, in Kräftepaare aus Zug- und Druckkräften aufzuteilen, die von den Schotten beziehungsweise den Decken abgetragen werden können.
Der Wunsch der Architektin, die Balkone als dreiviertel geschlossenen Trog mit darüber befestigtem Stahlgeländer auszuführen, eröffnete Löw neue Möglichkeiten der Befestigung. „Die seitliche Wandung des Balkons konnten wir nun als tragendes Element für die Befestigung nutzen. Ein weiterer Umstand, der uns zu Gute kam, war die für die 70er Jahre typische Schottenbauweise. Wir hatten so in regelmäßigen Abständen Stahlbetonwände, die in einem für uns passenden Raster standen.“ Diese beiden Umstände machte sich der Tragwerksplaner zu Nutze, um die auftretenden Biegemomente auf das Gebäude zu verteilen: Am oberen Ende der Brüstung konnte die Zugkraft der Balkonelemente über die bestehenden Stahlbetonwände aufgenommen werden. Die daraus resultierende Druckkraft am Boden des Balkons nimmt die Gebäudedecke auf, die durch einen Druckdorn in die bestehende Decke abgeführt wird. Auf vorgesehener Brüstungshöhe wurde entlang der Schottenwand eine ca. 75 Zentimeter lange Lasche aus Flachstahl geführt und verdübelt. Etwa 67,5 Zentimeter hinter der Fassadenvorderkante konnte diese Stahllasche mittels angeschweißtem Dorn in zuvor hergestellten Kernbohrungen in der Schottenwand verankert werden. Den Dorn bildet ein 160 Millimeter langes Stahlprofil HEB 100, das mit schnell erhärtendem, hochfestem Vergussmörtel kraftschlüssig in die Kernbohrung eingesetzt wurde. Diese Lasche schließt vorne bündig mit einer Kopfplatte ab. An diese Kopfplatte konnte der obere Teil des Balkons mit dem Isokorb befestigt werden. In den oberen Teil der Brüstung betonierte das Fertigteilwerk den Isokorb KS14-V8-WU24-H200 jeweils rechts und links, der normalerweise für Betondecken genutzt wird. „Wir haben den Isokorb um 180 Grad gedreht, damit er an die bestehende Kopfplatte der Stahlbetonlasche montiert werden konnte“, so Christoph Meul, Produktingenieur des badischen Unternehmens Schöck Bauteile GmbH. Im unteren Bereich des Balkons wurde die Querkraft mit dem Schöck Isokorb KST-QST 22 übertragen. „Ursprünglich waren hier jeweils zwei KST pro Seite geplant. Unsere neue Zulassung erlaubt jedoch, doppelt so viel Querkraft zu übernehmen, sodass wir mit nur einem Isokorb auskamen, wodurch auch nochmal die Wärmebrücke minimiert werden konnte“. Die Balkone sind dadurch statisch tragend und zum anderen durch den Isokorb wärmebrückenminimiert ans bestehende Gebäude angeschlossen.
„Wir haben uns viele Gedanken im Vorfeld gemacht und sind schließlich auf diese Sonderlösung gekommen. Geplant waren zwei Balkone pro Tag. Letztlich waren es ungefähr fünf bis sechs montierte Balkone täglich. Gerade da es sich hier um Bauen bei laufendem Betrieb handelte, war es enorm wichtig, schnell zu arbeiten. Diese Lösung war für uns ideal“, resümiert Löw.