Erstmals wird in Bielefeld bei einer Weichenanlage der StadtBahn ein flächiges Masse-Feder-System zur Verminderung der Schwingungsemissionen eingesetzt. Um den störungsfreien Betrieb der Weiche zu gewährleisten, wurde in bestimmten Bereichen eine Glasfaserbewehrung verbaut.
Die Geschichte der Bielefelder Straßenbahn beginnt, wie in vielen deutschen Städten, um 1900. Im Gegensatz zu anderen Kommunen entschied man sich in den 60er Jahren jedoch nicht für die Stilllegung, sondern für den Ausbau eines leistungsfähigen Verkehrssystems neben dem Individualverkehr. Mittlerweile befördern die StadtBahnen der moBiel GmbH, einer Tochter der Bielefelder Stadtwerke, im Jahr mehr als 33 Millionen Fahrgäste auf über 66 Kilometer Gleisen. Die Tendenz ist steigend.
Die Stadt Bielefeld und die moBiel GmbH wollen deshalb das Streckennetz der StadtBahn weiter ausbauen. Im Rahmen des zukunftsweisenden StadtBahn-Systems wird auch die Linie 3 verlängert.
Masse-Feder-Systeme reduzieren den Körperschall
Im Weichenbereich sorgen sogenannte Herzstücke dafür, dass an den Durchschneidungsstellen zweier Schienenstränge die Räder reibungsfrei weiterlaufen. Dabei entsteht eine erhöhte Schallemission. Der Einbau einer sogenannten Masse-Feder-Platte kann die Schallemissionen um bis zu 30 Dezibel verringern.
Masse-Feder-Systeme einer festen Fahrbahn bestehen herkömmlicherweise aus einer Schienen-Tragplatte und einem trogförmigen Unterbau aus Stahlbeton. Beide Elemente werden von einem elastischen Element schwingungstechnisch entkoppelt. "Die Entkoppelung funktioniert zum einem über die große und daher träge Masse der Schienen-Tragplatte. Zudem dämpft das Federelement aus Elastomer die Schwingungen dieses großen Masseteils ab", erläutert Carsten Heidrich, Key Account Manager bei Schöck. "Durch diese Technik wird eine vorbeifahrende Bahn in angrenzenden Gebäuden deutlich leiser wahrgenommen."
Eine Bewehrung der Weichen-Betonelemente mit Stahl würde die Ortung der Stadtbahnwagen jedoch erheblich erschweren: Generell erzeugt die Sensorik moderner Weichensperrkreise einen Schwingkreis im Bereich der Weiche. Fährt eine Stadtbahn in den Weichenbereich ein, wird der Schwingkreis durch die große Stahlmasse der Bahn verändert und die Steuerung der Weiche beeinflusst. Herkömmliche Stahlbewehrung in der Tragplatte beeinflusst diesen Schwingkreis in ähnlicher Weise und würde zu Störungen der Weichensperrkreise führen. Entsprechend musste die Bewehrung des betroffenen Streckenabschnitts um den Weichensperrkreis auf einer Länge von etwa zwölf Metern ohne Stahl in Tragplatte und Trog ausgeführt werden. Die Glasfaserbewehrung Schöck ComBAR erwies sich in diesem Fall als bewährte Alternative.
Einbau
Für die Anlage in Bielefeld galt die Vorgabe, dass in einem Abstand von einem Meter zur Gleisachse weder waagerecht noch senkrecht Stahl verwendet werden durfte. In diesem Bereich wurde deswegen im U-Trog und der Masseplatte Glasfaserbewehrung verbaut. Für die 40 Zentimeter hohe Masseplatte wurde Beton der Festigkeitsklasse C 30/37 verwendet.
Durch die Verlegung der Elastomerbahn wurde die spätere Tragplatte vollständig von der Umgebung entkoppelt. Um Schallbrücken zu vermeiden, musste der Untergrund glatt und frei von spitzen oder scharfkantigen Gegenständen sein, die sich sonst in die Elastomerschicht einarbeiten könnten.
Die Elastomerschicht diente dabei auch als verlorene Schalung – nachdem die ComBAR Elemente mittels Kabelbindern über Kreuz eingebracht wurden, konnte der jeweilige Abschnitt betoniert werden. Nach Aushärten des Troges und Verlegen der Elastomerschicht wurde die 25 Zentimeter hohe, ebenfalls mit ComBAR bewehrte Tragplatte mit der gleichen Festigkeitsklasse im vorhandenen Trog betoniert. Insgesamt wurden in Trog und Tragplatte rund drei Tonnen Glasfaserbewehrung verbaut.
Glasfaserbewehrung hat sich in der Praxis bewährt
Der Einsatz von Glasfaserbewehrung an Stelle von Stahlbewehrung im Gleisbau ist bereits mehrfach erprobt. „Deshalb haben wir uns gemeinsam mit den Planern dafür entschieden, die Masse-Feder-Platte für die neue Weichenanlage mit einer Glasfaserbewehrung zu realisieren", so Volker Quest, Leiter des Sachbereichs Gleise und Strecken der moBiel GmbH.
Die Schöck Bauteile GmbH aus Baden-Baden hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere Projekte des innerstädtischen Gleisbaus mit der Glasfaserbewehrung Schöck ComBAR erfolgreich unterstützt. Dabei kam das bauaufsichtlich zugelassene Material sowohl als Masse-Feder-System als auch als korrosionsresistente Oberflächenbewehrung von Fahrbahnasphalt zum Einsatz. „Die Bewehrung aus Glasfaserstäben unterscheidet sich in Handhabung, Verbundeigenschaften und Tragfähigkeit kaum von der Bewehrung aus Betonstahl", erklärt Carsten Heidrich. „In punkto Festigkeit und Dauerhaftigkeit ist das Material sogar leistungsfähiger."
Fazit
Vorausschauende Planung und kontinuierliche Abstimmung aller Beteiligten führten in Bielefeld zu einem schnellen Ergebnis. Nach Beendigung der Arbeiten zeigten erste Versuche, dass die Bewehrung mit Glasfaser einen reibungslosen Zugverkehr ermöglicht. Da tragende Bewehrung aus Glasfaser teilweise noch relativ unbekannt ist, unterstützten Anwendungstechniker von Schöck das für den Gleisbau zuständige Ingenieurbüro bereits während der Planungsphase. Ebenso stand man früh mit dem ausführenden Bauunternehmen in Kontakt, um eventuelle Fragen rund um den Ablauf und die Verarbeitung des Materials zu klären.