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Baden-Baden

Unterstützung für Wilhelmine


Der Bahntunnel Rastatt, aktuell im Bau, gilt als zentrales Bauwerk der Aus- und Neubaustrecke zwischen Karlsruhe und Basel. Für die Schachtwände der Tunnelröhren wurde erstmals bei einem Projekt der Deutschen Bahn Glasfaserbewehrung mit einer Zustimmung im Einzelfall des Eisenbahn-Bundesamts eingesetzt. Dank dieser Technologie können Tunnelvortriebsmaschinen bewehrte Betonschächte mit deutlich reduziertem Verschleiß durchfahren.

Die Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe-Basel ist Bestandteil des europäischen Streckennetzes von Rotterdam nach Genua. Zwischen den holländischen Häfen und dem Mittelmeer zählt die Verkehrsachse zu den wichtigsten Bahnstrecken Europas. Nach ihrer Fertigstellung ermöglicht die durchgehend viergleisige Strecke künftig die Trennung der Verkehrsflüsse. Langsamere Güter- und Nahverkehrszüge werden die bereits vorhandenen Gleise befahren. Schneller Fernverkehr wird vorranging die beiden neuen Gleise nutzen, welche für Spitzengeschwindigkeiten bis zu 250 km/h ausgelegt sind.

Stadt Rastatt wird untertunnelt

Der Tunnel Rastatt unterquert das gesamte Stadtgebiet von Rastatt sowie die Federbachniederung auf einer Länge von 4.270 Meter in zwei voneinander getrennten Röhren. Die Untertunnelung des Stadtgebietes entlastet Anwohner künftig vom Lärm vorbeifahrender Züge. Auf der Länge der Unterfahrung Rastatts erfolgen die bergmännischen Vortriebe mittels Tunnelvortriebsmaschinen (TVM) mit Ausbruchdurchmessern von 10,97 Metern. Nachfolgende Tübbingausbauten sind 50 cm stark.

Das Bauwerk südlich von Ötigheim beginnt mit einem 800 Meter langen Betontrog. Um zu verhindern, dass hoch anstehendes Grundwasser in den Start- oder Zielschacht strömt, wurde eine Grundwasserwanne vorangestellt. So kann Wilhelmine, die im Mai gestartete TVM, trocken an- und einfahren. „Bei der zu durchstoßenden Wand am Ende der Wanne haben wir die Glasfaserbewehrung Combar eingesetzt, damit das Schneidwerkzeug der TVM die Wand problemlos durchfahren kann“, erläutert Projektleiter Frank Roser von der DB Netz AG.

Eine mit Stahl bewehrte Anschlagwand würde die Schneidwerkzeuge der Tunnelbohrmaschine beschädigen. „Die Alternative zu Glasfaserbewehrung wäre ein großer, aufwändiger Dichtblock aus Beton, bei dem Zementsuspension ins Erdreich eingebracht wird“, ergänzt Jörg Schweinfurth, Key Account Manager bei Schöck. In diesem Fall müssten jedoch die Wände für die TVM-Durchfahrt zeitaufwändig manuell ausgebrochen werden.

Erfolgreiche Kooperation

Weite Teile der Combar-Bewehrung sind vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin zugelassen. Für den Einsatz bei Bauwerken der DB sind darüber hinaus zusätzliche baurechtliche Genehmigungen erforderlich. Da die Ausführung von Anschlagwänden kein geregeltes Bauverfahren der Bahn ist, musste zuerst eine unternehmensinterne Genehmigung der Bahn erwirkt werden. Diese forderte eine weitergehende technische Bewertung durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Für den Tunnel Rastatt wurde eine Zulassung im Einzelfall für Glasfaserbewehrung seitens des EBA erteilt. „Wir haben bereits in einer sehr frühen Phase die Zulassung im Einzelfall beim Eisenbahn-Bundesamt in Bonn beantragt, um ein mögliches Risiko der Verzögerung im Bauablauf auszuschließen“, erklärt DB-Projektleiter Frank Roser. „Durch die enge Zusammenarbeit und die ausführliche Planung mit Schöck erhielten wir die Zulassung bereits in einer recht frühen Phase“.

Alternativer Bewehrungskorb

Um die Lamellen der bis zu 40 Meter tiefen Schlitzwände zu bewehren, wurden zwei einzeln vorgefertigte Bewehrungskörbe verwendet: oben Stahl, unten die Glasfaserbewehrung Combar. „Die Bewehrungskörbe aus Glasfaser sind insgesamt 24 Meter lang mit einem Querschnitt von 1,30 Meter Höhe und 2,50 Meter Breite. Sie bestehen aus bis zu über 18 Meter langer, 32 Millimeter dicker Combar-Bewehrung“, erläutert Alexander Hens, Geschäftsführer der Brühler Stahlhandel GmbH. Die einzelnen Glasfaserstäbe wurden an insgesamt rund 1.000 Kreuzungspunkten mit Draht zu Körben gebunden. Insgesamt verarbeitete der Dormagener Betrieb rund 100 Tonnen Combar. Die zirka zehn Meter langen Bewehrungskörbe, welche mit den Glasfaserkörben verbunden wurden, bestehen vollständig aus Stahl, da in deren Einsatzbereich die besonderen Eigenschaften von Glasfaser nicht erforderlich sind.

Einbau der Schlitzwände

Während des Erdaushubs auf der Baustelle stützte eine vorab eingebrachte Betonit-Suspension die Schachtwände. Nach Ablassen der Bewehrungskörbe in die ausgehobenen Schlitze wurde − ähnlich zum Unterwasserbetonieren − mit dem Kontraktorverfahren betoniert: Hierbei kommt ein Schüttrohr zum Einsatz, dessen unteres Ende in den bereits eingebrachten Frischbeton eintaucht, wodurch sich nur ein geringer Teil des Frischbetons mit der Betonit-Suspension vermischt vermischt. Die vom Beton verdrängte Stützflüssigkeit wird zur Wiederaufbereitung und Wiederverwendung abgepumpt.

Bewehrung bewährte sich bereits

„Im Mai 2016 startete die TVM Wilhelmine problemlos, indem sie die Anschlagwand im Startschacht durchfuhr“, so Frank Roser von DB Netz AG. Des Weiteren sind vier Wände für zwei sogenannte Vereisungsschächte vorgesehen, die ebenfalls mit Combar bewehrt sind. Diese Vereisungsschächte sind notwendig, da der Tunnel die alte Rheintalbahn unterquert und die Überdeckung durch Erdreich an dieser Stelle verhältnismäßig gering ist. Deswegen muss der umliegende Erdboden für den Vortrieb stabilisiert werden. Aus jeweils zwei Schächten werden hierfür Vereisungsbohrungen unter der bestehenden Bahnstrecke eingebracht, durch die der Erdboden eingefroren wird. Der Tunnelvortrieb erfolgt entsprechend im Schutz des irdenen Vereisungskörpers.

Ausblick

Der Tunnelvortrieb endet im Herbst 2017 mit dem Durchschlag der Weströhre am südlichen Ende des Tunnels in Rastatt-Niederbühl und dem Durchfahren der letzten, mit Combar bewehrten Wand im Zielschacht. Mit dem anschließenden Bau der Verbindungsbauwerke ist der Rohbau Mitte 2018 abgeschlossen. Im Anschluss erfolgt bis 2021 die Ausrüstung des Tunnels mit fester Fahrbahn, Kabeltrasse und Oberleitung. Nach einer Prüfungsphase und einem Probebetrieb werden ab 2022 Züge durch den neuen Tunnel fahren. DB Netz-Projektleiter Frank Roser zieht ein positives Fazit: „Weitere Tunnel auf der Strecke Karlsruhe-Basel sind bereits in Planung. Zum Beispiel der Tunnel Offenburg, der mit dem Tunnel Rastatt vergleichbar ist. Hierfür könnte unsere Vorgehensweise bei der Zulassung im Einzelfall in der sehr frühen Projektphase Vorbildcharakter haben. Die Zusammenarbeit mit Schöck war jedenfalls ein kleines, hervorragendes Mosaiksteinchen für den erfolgreichen Start dieses Großprojekts.“

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