Es gibt Städte, in denen das Leben vor allem draußen stattfindet. Nicht nur in der Straße und den Plätzen, sondern auch in der Luft. In Rom beispielsweise ist der Raum über dem Erdgeschoss voller Balkone und Loggien, voller Markisen, Vorhänge, Jalousien, voller Blumen, Rankpflanzen, Büsche, Bäume, voller Körbe, Kisten, Kästen, Gitter, Wäscheleinen, voller Sessel, Bänke, Tische, Betten und Regale. Es gibt vor den Wohnungen ein halbes Zimmer, in dem nicht ganz verborgen vor den Blicken anderer Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Leben stattfindet. Dieses Leben vor der Fassade oder als Teil der Fassade ist im Gegensatz zum Leben hinter der Fassade allgemein weniger beschrieben und im Entwurfsprozess ein zumeist später und wenig reflektierter Schritt. Wir wollen uns im Freien Entwurf BALKONIA diesem Draußenleben in der Stadt nähern, indem wir explizit Balkone entwerfen: Balkone zum Kochen, Balkone zum Essen, zum Schlafen, Planschen, Duschen, Feiern, Arbeiten, Gärtnern, auf die Stadt Blicken, Zeigen, Gesehenwerden, Träumen, Schlafen, Filmansehen, Rauchen, Filmen, Trinken, Reden, jeweils einzeln und alles gleichzeitig. Balkone existieren nicht unverbunden, sondern verändern auch das, was sich dahinter befindet. Durch das Leben auf dem Balkon, wird auch das Gebäude dahinter anders. Balkone transformieren, sie sind Grundbestandsteil des geförderten Wohnungsbaus, ebenso wie der 5 m² kalte Abstellraum, den jede Wohnung per Gesetzt braucht. Was macht der Balkon, der vieles ermöglicht, mit der Wohnung, zu der er gehört? Der Freie Entwurf BALKONIA dreht die übliche Vorgehensweise um, erst den Grundriss zu entwerfen und dann notgedrungen Balkone davor zu hängen.
Er beginnt mit dem Balkon und untersucht dann, welche Auswirkungen dies auf das dahinterliegende Gebäude hat. Das dahinterliegende Gebäude ist ein Prototyp der großen Bürogebäude, die nicht mehr gebraucht werden, renovierungsbedürftig sind, viel graue Energie enthalten, an städtebaulich prägnanter Stelle liegen. Die Bundesregierung sieht aktuell das größte Umbaupotential zur Schaffung von Wohnungen in genau diesen Gebäuden. Das Gebäude unserer Wahl ist ein großes Bürogebäude in Dortmund aus den frühen 1970er Jahren, von Krämer, Sieverts und Partner. Es liegt am Stadtpark und einer der größten Straßen Dortmunds, dem Rheinlanddamm. Auf einem Sockel für Infrastruktur erheben sich sieben Geschosse in vier aneinanderhängenden im Grundriss quadratischen Körpern. In der Mitte dieser 30 qm tiefen Flächen liegt ein Kern mit Aufzügen und Schächten, die Fluchttreppen liegen eigenständige Körper vor der Spiegelglasfassade. Das Gebäude wurde als reversibles Verwaltungsgebäude entworfen und ist momentan ohne Nutzung. Aus Amperion wird BALKONIA.
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