Der Nachweis des Wärmeschutzes eines Gebäudes kann mittels Einzelanforderungen oder Systemanforderungen durchgeführt werden.
mehr lesenDer Nachweis der Einzelanforderungen ist einfacher, da die Berechnung des Heizwärmebedarfs nicht notwendig ist. Die Einzelanforderungen sind so festgelegt, dass damit in den meisten Fällen auch die Systemanforderungen erfüllt werden.
Seit der Einführung der SIA 180 und SIA 380/1 im Jahre 1988 sind die Anforderungen an Gebäude stetig gestiegen. Diese Entwicklung ist vor allem vor dem Hintergrund der Energieeinsparung und des Klimaschutzes zu sehen. Aber auch neue Erkenntnisse u. a. im Bereich des Nutzerkomforts und der Bauschadensfreiheit haben zur Weiterentwicklung dieser Normen geführt.
Bei der Berücksichtigung von Wärmebrücken ergeben sich Anforderungen aus zwei Aspekten heraus.
Einerseits muss aus bauphysikalischer Sicht die Temperatur der Innenoberfläche an einer Wärmebrücke jeweils die Werte überschreiten, die zu Kondensation (Feuchteausfall) führen oder Schimmelwachstum stark begünstigen (erhöhte Luftfeuchte an der Oberfläche). Die Anforderungen an den Feuchteschutz sind in der SIA 180 beschrieben.
Andererseits müssen aus energetischer Sicht die Wärmeverluste durch Wärmebrücken begrenzt werden. Die unterschiedlichen Verfahren zur Wärmebedarfsberechnung und damit auch der Berücksichtigung von Wärmebrücken in der Gebäudeenergiebilanz sind in der SIA 380/1 festgelegt. Bei besseren Gebäudestandards wie Minergie oder Passivhaus werden oft verschärfte Anforderungen gestellt.
Im Folgenden werden die Anforderungen an Wärmebrücken, die sich aus den jeweils aktuell veröffentlichten SIA 180, SIA 380/1 bzw. MuKen (Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich) ergeben, kurz beschrieben.
Über die Normen hinausgehend gibt es auch Labels, die bessere Gebäudestandards festlegen, wie zum Beispiel Minergie. Ihre Anwendung geschieht freiwillig.
Die Anforderungen an Wärmebrücken sind abhängig vom Nachweisverfahren, welches vom Planer ausgewählt wird.
Die Vorschriften lassen der Bauherrschaft die Wahl zwischen den zwei Nachweisverfahren Einzelbauteilnachweis und Systemnachweis mit zwei Ausnahmen: Bei Vorhangfassaden und bei Sonnenschutzgläsern mit einem Gesamtenergiedurchlassgrad kleiner als 0,3 kann der Einzelbauteilnachweis nicht angewendet werden (siehe Norm SIA 380/1, Ziffer 2.2.1.4).
Der Nachweis mit Einzelbauteilanforderungen legt die maximal zulässigen U-Werte für jedes einzelne Bauteil fest. Dieses Verfahren ist einfacher als die Berechnung des Heizwärmebedarfs mit dem Systemnachweis, stellt aber in der Regel auch höhere Anforderungen an die einzelnen Bauteile. Können Grenzwerte von einzelnen U-Werten und/oder Wärmebrücken nicht eingehalten werden, ist zwingend ein Systemnachweis notwendig.
Die Norm SIA 380/1 bietet die Grundlage für die technische und wirtschaftliche Optimierung des Wärmeschutzes über die ganze Gebäudehülle. Die Systemanforderung gibt das Ziel vor. Bei den einzelnen Bauteilen können die U-Werte – innerhalb gewisser bauphysikalischer Grenzen – frei gewählt werden (siehe Norm SIA 380/1, Ziffer 0.3.4).
Mit dem Systemnachweis wird Planungsspielraum für die wirtschaftlichste Lösung gewonnen.
Auf wärmebrückenarmes Konstruieren ist besonders Wert zu legen, um die Summe der Transmissionswärmeverluste gering zu halten (SIA 380/1 - Ziffer 2.2.3.1).
Die Wärmedurchgangskoeffizienten von linien- und punktbezogenen Wärmebrücken sind abhängig von den U-Werten der angrenzenden flächigen Bauteile (in der Regel höhere ψ- bzw. χ-Werte bei niedrigen U-Werten). Bei Einzelbauteilanforderungen können die Wärmebrücken mit den Grenzwerten für die Wärmedurchgangskoeffizienten Uli gemäss Tabelle 2 bestimmt werden. Auf diese Weise werden tiefere Projekt-U-Werte im Vergleich zu den Grenzwerten gemäss Tabelle 2 nicht benachteiligt.
Für Neubauten und für neue Bauteile bei Umbauten und Umnutzungen gelten die folgenden Anforderungen (Tabelle 2, SIA 380/1):
Bei Anwendung der Einzelanforderungen gelten untenstehende Grenzwerte für die Wärmebrücken aus energetischer Sicht (Tabelle 5, SIA 380/1).
Beim Systemnachweis gibt es keine direkten Grenzen für Wärmebrücken. Vielmehr ergeben sich die Anforderungen an Wärmebrücken indirekt aus der Vorgabe, dass der Heizwärmebedarf unter Berücksichtigung verschiedener Parameter (inklusive der Wärmeverluste über Wärmebrücken) einen bestimmten Grenz- oder Zielwert nicht überschreiten darf.
Obwohl keine direkten Grenzwerte definiert sind, setzt der Planer möglichst realistische Werte für die Wärmedurchgangskoeffizienten von Wärmebrücken (ψ- und χ-Werte) im Systemnachweis ein. Diese Anhaltswerte werden häufig dem Wärmebrückenkatalog des BFE entnommen.
Zur Einhaltung des Feuchteschutzes sind gemäss der SIA 180:2014 Grenzwerte für die Mindestoberflächentemperatur bzw. den Oberflächentemperaturfaktor definiert.
Gemäss Ziffer 6.2.1.1 ist die Konstruktion so zu bemessen:
Bei aussergewöhnlich hohen Raumluftfeuchten oder bei erheblichen Wärmebrücken müssen im Nachweis durch Berechnung die Grenzwerte für fRsi berechnet werden.
Beim vereinfachten Nachweis muss der Oberflächentemperaturfaktor fRsi grösser oder gleich den aufgelisteten Grenzwerten nach Anhang F der SIA 180 sein.
Standortbezogen werden für die Nachweise bzgl. Schimmelfreiheit und Kondensatvermeidung die jeweiligen Grenzwerte für fRsi festgelegt.
Der Minergie-Baustandard wurde 1998 in der Schweiz eingeführt und stellt zur Zeit den wichtigsten Energiestandard für Niedrigenergiehäuser dar. Hierbei werden sehr hohe Anforderungen an Qualität, Komfort und Energiebedarf von Gebäuden gestellt. Im Laufe der Zeit wurde der Minergie-Standard erweitert. Heute darf die Minergie-Kennzahl in der normalen Kategorie maximal 55 kWh/m²a betragen.
Diese Anforderungen können nur umgesetzt werden, indem besonders viel Aufmerksamkeit auf die Detailausführung gelegt wird. Dabei muss ausdrücklich auf die Luftdichtheit und die Minimierung von Wärmebrücken geachtet werden, indem Wärmeverluste durch Undichtheit vermieden werden und gleichzeitig für Niedrigenergieausführungen geeignete Komponenten (hochwertige Bauteile) verwendet werden.
Zur Erreichung der Primäranforderung für Minergie-P-Bauten ist z. B. ein U-Wert gegen Aussenklima von etwa 0,1 W/m²K notwendig. Je besser die Gebäudehülle in der Fläche gedämmt ist, umso mehr Bedeutung kommt den Wärmebrücken zu.