Prognose der Trittschalldämmung von Balkonen und Laubengängen nach DIN 4109 und DIN EN ISO 12354-2

Prognose der Trittschalldämmung von Balkonen und Laubengängen

Es gibt zwar bauaufsichtliche und privatrechtliche Anforderungen an den Trittschallschutz von Balkonen, Loggien und Laubengängen, allerdings existiert in den entsprechenden Normen und Richtlinien kein explizit für Balkone, Loggien und Laubengänge gültiges Prognoseverfahren, um in der Planungsphase den Trittschallschutz berechnen zu können.

Daher greift man für die Prognoseberechnung von Balkonen, Loggien und Laubengängen ersatzweise auf die Prognose nach dem vereinfachten Deckenverfahren der DIN 4109-2:2018 oder auf die Prognose nach dem detaillierten Deckenverfahren (mit Einzahlwerten) der DIN EN ISO 12354-2:2017 zurück (diagonale Trittschallübertragung nach unten), indem man in einer Analogiebetrachtung von Folgendem ausgeht:

  • Die Balkonplatte weist im Wesentlichen dasselbe Schwingungsverhalten auf wie eine massive Rohdeckenplatte derselben Stärke.
  • Die trittschalldämmende Wirkung der Balkonanschlusselemente ist vergleichbar mit der Wirkung der Trittschalldämmschicht einer Deckenauflage (schwimmender Estrich).
  • Die Stoßstelle Balkon/Außenwand entspricht der Stoßstelle Decke/Wand.

Im Gegensatz zur DIN 4109-2:2018 werden in der DIN EN ISO 12354-2:2017 die Nebenwegsübertragungen von der Decke (Balkon) diagonal in den unteren Empfangsraum detailliert berechnet (und nicht nur pauschal berücksichtigt wie in der DIN 4109-2:2018). Dadurch erzielt man bei Anwendung des Prognoseverfahrens nach DIN EN ISO 12354-2:2017 aufgrund der genaueren Ermittlung des Stoßstelleneinflusses eine bessere Prognosequalität als mit dem pauschalen Verfahren nach DIN 4109-2:2018.

Zur Bewertung des Trittschallschutzes an Balkonen, Laubengängen und Loggien stellen wir mit dem Trittschall-Rechner online ein kostenfreies Tool zur Verfügung, mit dem die Trittschallprognose in Anlehnung an das detaillierte Deckenverfahren der DIN EN ISO 12354-2:2017-11 durchgeführt werden kann.

Der bewertete Norm-Trittschallpegel L'n,w von Massivdecken mit trittschalldämmenden Deckenauflagen (z. B. schwimmender Estrich) berechnet sich nach der DIN  4109-2:2018 bei diagonaler Übertragung nach unten gemäß:

FOR_L'nw=Lneq0w-Delta-Lw-KT_#SALL_#AIN_#V1.svg

Mit:

  • L′n,w: Bewerteter Norm-Trittschallpegel im diagonal unter dem Senderaum liegenden Raum
  • Ln,eq,0,w = 164 dB − 35 lg(m′ / 1 kg/m²) dB: Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel der massiven Rohdecke (m′ = flächenbezogene Masse der Rohdecke in kg/m²)
  • ∆Lw: Bewertete Trittschallminderung der trittschalldämmenden Deckenauflage auf der Rohdecke
  • KT: Korrekturwert nach Tabelle 2 zur Berücksichtigung der Ausbreitungsverhältnisse zwischen Sende- und Empfangsraum. Für die diagonale Trittschallübertragung nach unten ist KT= 5 dB, sofern eine ausreichende Stoßstellendämmung an der Stoßstelle Decke/Wand vorliegt. Diese ist nach Tabelle 2 gegeben, sofern die Decke starr an die Wand angeschlossen ist und die Wand eine flächenbezogene Masse von mindestens 150 kg/m² aufweist.

Übertragung (➝) des Deckenverfahrens nach DIN 4109-2:2018 auf die Prognoseberechnung von Balkonen, Loggien und Laubengängen:

  • Ln,eq,0,w: Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel der massiven Balkonplatte
  • Bewertete Trittschallminderung: ∆Lw (Deckenauflage) ➝ ∆Lw (Balkonanschlusselement)
  • Korrekturwert: KT = 5 dB (Stoßstelle Decke/Wand) ➝ KT = 0–5 dB (Stoßstelle Balkon/Außenwand)

Da im Bereich des Balkon-/Loggia-Außenwandanschlusses aufgrund der üblicherweise vorhandenen Fenster und Fenstertüren im Allgemeinen keine lückenlose massive Stoßstelle vorliegt, wird der Korrekturwert KT je nach Fenster- und Türflächenanteil Werte zwischen 0 dB (z. B. bei 100 % Verglasung ober- und unterhalb des gesamten Balkonanschlussbereichs) und 5 dB (z. B. bei 100 % massiver Außenwand ober- und unterhalb des gesamten Balkonanschlussbereichs) annehmen. Leider gibt es in der DIN 4109‑2:2018 keine Angaben, wie in solchen Fällen der Korrekturwert KT konkret zu berechnen ist, sodass  in einer konkreten Anschlusssituation auf Abschätzungen zurückgegriffen werden muss.

 

 Korrekturwert KT

Bei der Ermittlung der bewerteten Trittschallminderung ∆Lw von Balkonanschlüssen nach dem Verfahren der EAD 01 (adopted) ist aus folgenden Gründen ausgeschlossen, dass eine ggf. auftretende Flankenübertragung über die Hilfswände im ermittelten Wert ∆Lw enthalten ist:

  • Akustisch entkoppelte Auflagerung der Prüfkörperplatte auf den Hilfswänden
  • Differenzbildung ∆L zwischen den Trittschallpegeln der Deckenplatte bei Anregung der Deckenplatte und bei Anregung der Balkonplatte

Daher kann der Korrekturwert KT wie oben beschrieben im Rahmen der Prognoseberechnung nach DIN 4109-2:2018 angesetzt werden (der Korrekturwert KT ist also nicht bereits vorab im ∆Lw-Wert des Balkonanschlusselementes enthalten).

Die Prognose nach dem detaillierten Deckenverfahren mit Einzahlwerten der DIN EN ISO 12354-2:2017 erlaubt – im Gegensatz zum Prognoseverfahren der DIN 4109-2:2018 – aufgrund der Berücksichtigung von Stoßstellen-Dämmmaßen eine detaillierte Berechnung der Flankenübertragungen aufgrund der Stoßstelle Decke/Wand.

Der bewertete Norm-Trittschallpegel L′n,w von Massivdecken mit trittschalldämmenden Deckenauflagen (z. B. schwimmenden Estrichen) berechnet sich nach der DIN EN ISO 12354-2:2017 bei diagonaler Übertragung nach unten gemäß:

FOR_L'nw-Massivdecken_#SALL_#AIN_#V1.svg

Mit:

  • L'n,w: Bewerteter Norm-Trittschallpegel im diagonal unter dem Senderaum liegenden Raum
  • Ln,ij,w: Bewerteter Norm-Trittschallpegel infolge von Flankenübertragung auf dem Weg ij (von Decke i auf das flankierende Bauteil j)
  • n: Anzahl der die Decke i flankierenden Bauteile j

Der bewertete Norm-Trittschallpegel infolge von Flankenübertragung Ln,ij,w wird wie folgt berechnet:

FOR_Lnijw_#SALL_#AIN_#V1.svg

Mit:

  • Ln,eq,0,w = 164 dB − 35 lg(m' / 1 kg/m²) dB: Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel der massiven Rohdecke (m' = flächenbezogene Masse der Rohdecke in kg/m²)
  • ∆Lw: Bewertete Trittschallminderung der trittschalldämmenden Deckenauflage auf der Rohdecke
  • Ri,w : Bewertetes Schalldämmmaß der Decke i
  • Rj,w : Bewertetes Schalldämmmaß des die Decke i flankierenden Bauteils j
  • Kij : Stoßstellen-Dämmmaß für den Übertragungsweg i nach j
  • ∆Rj,w : Verbesserung des bewerteten Schalldämmmaßes durch eine Vorsatzkonstruktion auf dem flankierenden Bauteil j im Empfangsraum
  • Si: Fläche der Decke i in m²
  • lij: Kopplungslänge zwischen Decke i und flankierendem Bauteil j in m

Übertragung (➝) des Deckenverfahrens nach DIN EN ISO 12354-2:2017 auf die Prognoseberechnung von Balkonen, Loggien und Laubengängen (ohne Berücksichtigung von Vorsatzkonstruktionen):

  • Bewerteter Norm-Trittschallpegel infolge von Flankenübertragung: Ln,ij,w auf dem Weg ij von Decke i auf das flankierende Bauteil j (j = 1, ..., n) ➝ Ln,BalkonDecke,w (Balkonplatte zur anschließenden Decke), Ln,BalkonWand,w (Balkonplatte zum unterhalb der Balkonplatte anschließenden Außenwandbauteil (massive Wand und/oder Verglasung)
  • Ln,eq,0,w➝ Ln,eq,0,w,Balkon: Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel der massiven Balkonplatte (m' = flächenbezogene Masse der Balkonplatte in kg/m²).
  • Bewertete Trittschallminderung: ∆Lw (Deckenauflage) ➝ ∆Lw,Element (Balkonanschlusselement)
  • Stoßstellen-Dämmmaß Kij für den Übertragungsweg i nach j ➝ KBalkonDecke für den Übertragungsweg Balkonplatte zur anschließenden Deckenplatte, KBalkonWand für den Übertragungsweg Balkonplatte zum unterhalb der Balkonplatte anschließenden Außenwandbauteil (massive Wand und/oder Verglasung)
  • Ri,w ➝ Bewertetes Schalldämmmaß der Balkonplatte RBalkon,w
  • Rj,w ➝ Bewertetes Schalldämmmaß RDecke,w der Deckenplatte über dem Empfangsraum, bewertetes Schalldämmmaß RWand,w des unterhalb der Balkonplatte anschließenden Außenwandbauteils (massive Wand und/oder Verglasung)
  • Si ➝ Fläche SBalkon des Balkons in m²
  • Kopplungslänge lij zwischen Decke i und flankierendem Bauteil j ➝ gemeinsame Kopplungslänge lBalkonDecke zwischen Balkonplatte und anschließender Decke, gemeinsame Kopplungslänge lBalkonWand zwischen Balkonplatte und unterhalb der Balkonplatte anschließendem Außenwandbauteil (massive Wand und/oder Verglasung)

Damit ergibt sich insgesamt (ohne Berücksichtigung von Vorsatzkonstruktionen):

FOR_L'nw-mit-LnBalkonDeckew-und-LnBalkonWandw_#SALL_#AIN_#V1.svg

Mit:

FOR_LnBalkonDeckew_#SALL_#AIN_#V1.svg

FOR_LnBalkonWandw_#SALL_#AIN_#V1.svg

Bauaufsichtlich ist im Allgemeinen der rechnerische Nachweis der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Trittschallschallanforderungen nach DIN 4109-1:2018 erbracht, wenn der (berechnete) bewerte Norm-Trittschallpegel L'n,w unter Berücksichtigung des Sicherheitsbeiwerts uprog nach DIN 4109-2:2018 den Anforderungswert zul. L'n,w nicht überschreitet:

FOR_Delta-L'nw+uprog_#SALL_#AIN_#V1.svg