Die anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) liegen aktuell meist über den bauaufsichtlichen Mindestanforderungen.
Sie sind grundsätzlich einzuhalten, auch wenn keine schriftliche Vereinbarung zwischen Bauherr und Planer vorliegt. Laut eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) ist beim Schallschutz als anerkannte Regel der Technik ein "üblicher Komfort" geschuldet. Nach Auffassung des BGHs entspricht dies einer Schallschutzqualität, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Bewohner "im Allgemeinen Ruhe finden". Derzeit liegt allerdings noch kein abschließendes Urteil vor, aus dem hervorgeht, welche konkreten Werte nun juristisch die anerkannten Regeln der Technik darstellen. Es werden jedoch Empfehlungen ausgesprochen.
Der Bundesanzeiger schrieb im Oktober 2016 dazu, dass viele Urteile des BGHs bestätigen, dass die DIN 4109 von 1989 nicht mehr die a.R.d.T. für den Schallschutz im Wohnungsbau darstellt und mindestens das Beiblatt 2 zur DIN 4109 geschuldet sei. Weiter weist der Bundesanzeiger darauf hin, dass nur im einfachen und kostengünstigen Wohnungsbau (Studentenwohnheime, Flüchtlingsunterkünfte und Wohnungen für sozial schwache Mieter) die Anforderungen nach der DIN 4109 von 2016 gelten. In diesem Fall sollte zur Absicherung des Bauunternehmers ein entsprechender Hinweis im Bauvertrag aufgenommen werden, dass „nur der Mindestschallschutz nach DIN 4109 geschuldet ist und dass dieser hinter einer üblichen Ausführung, wie z.B. im normalen Eigentumswohnungsbau, zurückbleibt". Außerdem sind vom Bauunternehmer die Bauunterlagen zu prüfen und im Zweifel sind Bedenken anzumelden. Der Bedenkenhinweis sichert diesen in seiner Haftung ab, da der Übergang zum gehobenen Wohnungsbau fließend ist.
Für den gängigen Wohnungsbau bzw. Eigentumswohnungen mit „üblichen Qualitäts- und Komfortstandards" ist das Beiblatt 2 zur DIN 4109 von 1989 anzuwenden. Da sich die Anforderungen der DIN 4109 von 2016 und 2018 im Vergleich zu der Ausgabe von 1989 nicht wesentlich geändert haben, ist auch in Zukunft davon auszugehen, „dass das Beiblatt 2 zur DIN 4109 ausschlaggebend ist und dessen Anforderungen erfüllt werden müssen" (Auszug aus dem Artikel des Bundesanzeigers). Anders ist die aktuelle Situation in Doppel- und Reihenhäusern. Mit der DIN 4109-1 von 2016 wurden die Mindestanforderungen für Treppen auf L'n,w ≤ 46 dB verschärft, die damit sogar den erhöhten Anforderungen des Beiblatt 2 entsprechen. Damit ist davon auszugehen, dass zukünftig für Doppel- und Reihenhäuser die erhöhten Anforderungen mindestens 5 dB strenger sein werden als bisher.
Für den gehobenen Wohnungsbau und Eigentumswohnungen im Luxusbereich sind im Vorfeld klare vertragliche Regelungen zu treffen, welche dem Objekt genügen und auch über dem Beiblatt 2 liegen können. Werden bei einem Bauvorhaben beispielsweise gehobener Komfort und besondere Lage ausgeschrieben, genügt es nicht unbedingt, die erhöhten Anforderungen einzuhalten. Hier ist nach aktueller Rechtsprechung davon auszugehen, dass noch höhere Anforderungen, als im Beiblatt 2 beschrieben, geschuldet sind. Aktuell gibt es kein Urteil, das eindeutig Aufschluss darüber gibt, welcher Schallschutz in diesen Fällen konkret geschuldet ist. Juristen gehen davon aus, dass im beschriebenen Fall die Anforderungen der Schallschutzstufe III nach VDI 4100 von 2012 einzuhalten sind.
Es gibt viele Möglichkeiten den Schallschutz festzulegen, jedoch keine konkrete juristisch, maßgebende Aussage zu den zu erreichenden Werten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.).
Daher ist es selbst bei Mehrfamilienhäusern in Standardqualität ratsam, sich am Beiblatt 2 zur DIN 4109 von 1989 oder an der Schallschutzstufe II nach VDI 4100 von 2012 zu orientieren. Bei einer Unterschreitung empfiehlt es sich, den Bauherrn unmissverständlich darüber aufzuklären, welche bauakustischen Folgen die Unterschreitung verursacht und dass der Schallschutz den üblichen Komfortansprüchen nicht gerecht wird.
Weitere Möglichkeiten den Schallschutz konkret festzulegen bietet die DEGA Empfehlung 103 („Schallschutzausweis"). Die VDI 4100 und die DEGA Empfehlung 103 beschreiben qualitativ sehr ausführlich die verschiedenen Schallschutzniveaus. Die DEGA Empfehlung in den Klassen A* bis D, die VDI 4100 zwischen den Schallschutzstufen I - III. Damit liefern die beiden Veröffentlichungen sehr gute Orientierungshilfen, um den zu vereinbarenden Schallschutz zwischen Planer und Bauherr festzulegen.
Bei der Vereinbarung des gewünschten Schallschutzes ist zu beachten, dass die anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) auf alle Fälle einzuhalten sind. Sie können im Ausnahmefall unterschritten werden, wenn dies im Vorfeld mit dem Bauherrn abgestimmt worden ist und der Bauherr unmissverständlich darüber aufgeklärt wurde, welche bauakustischen Folgen die Unterschreitung bedeuten.
Die Anforderungen nach VDI 4100 werden in drei Schallschutzstufen (SSt) unterteilt. Diese Schallschutzstufen haben das Ziel, die Qualität des subjektiv empfundenen Schallschutzes zu erläutern. Es wird in der VDI 4100 darauf hingewiesen, dass die Wahrnehmung subjektiv ist und von der Erwartungshaltung abweichen kann.
Die Kennwerte in der folgenden Tabelle stellen den anzustrebenden Trittschallschutz für Treppen und Laubengänge (VDI 4100:2007-08, Tabelle 10) dar. Dieser ist üblichem Trittschall gleichzusetzen.
Mit der Veröffentlichung der VDI 4100 im Oktober 2012, wurde die kennzeichnende akustische Größe verändert. In der Ausgabe von 2007 werden die Kennwerte als bewerteter Norm-Trittschallpegel angegeben und 2012 als bewerteter Standard-Trittschallpegel. Diese beiden Größen sind durch das Volumen im Empfangsraum unmittelbar voneinander abhängig.
Im Folgenden sind die empfohlenen Schallschutzwerte der VDI 4100 für Mehrfamilienhäuser, sowie Doppel- und Reihenhäuser aufgelistet. Diese Anforderungen gelten auch für die Trittschallübertragung von Laubengängen und Balkonen in fremde schutzbedürftige Räume.
Die Anforderungen der VDI Richtlinie 4100, Schallschutzstufe II, L´nT,w ≤ 44 dB für Treppen in Mehrfamilienhäusern entspricht in etwa den Anforderungen des erhöhten Schallschutzes nach dem Beiblatt 2 zur ehemaligen DIN 4109 (erf. L‘n,w ≤ 46 dB).
Das Beiblatt 2 zur DIN 4109 von 1989 gibt unter anderem Vorschläge für den erhöhten Schallschutz im Hochbau an. Das Luftschalldämmmaß und der Trittschallpegel sind dabei so ausgelegt worden, dass diese eine deutliche Minderung bzw. Verbesserung gegenüber der DIN 4109 darstellen sollen. In der Praxis wird der erhöhte Schallschutz häufig nach Beiblatt 2 festgelegt.
Für den erhöhten Schallschutz von Treppen und Laubengängen sind im Beiblatt 2 folgende Empfehlungen formuliert:
Vorschläge für den erhöhten Schallschutz von Balkonen sind im Beiblatt 2 nicht definiert, da zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Mindestanforderungen an Balkone bestanden.
Die Empfehlungen wurden in der Neuerscheinung der DIN 4109 im Juli 2016 nicht angepasst, was beispielsweise dazu führt, dass die erhöhten Anforderungen an Treppen in Doppel- und Reihenhäusern den heutigen Mindestanforderungen nach DIN 4109 (erf. L'n,w ≤ 46 dB) entsprechen. Aus diesem Grund ist im Januar 2017 die DIN SPEC 91314 erschienen.
Die DIN SPEC 91314 wurde im Januar 2017 veröffentlicht. Während der Überarbeitung des Beiblatt 2 zur DIN 4109 von 1989 dient sie übergangsweise als Empfehlung für den erhöhten Schallschutz für Wohnungen, die auch in ihren sonstigen Ausstattungen den Komfortansprüchen genügen. Die DIN SPEC 91314 ist für schutzbedürftige Räume in Wohngebäuden im Neubau anzuwenden..
Für den Trittschallschutz bei Treppen, Laubengängen und Balkonen werden in der DIN SPEC 91314 folgende Kennwerte empfohlen:
Die Empfehlungen für den erhöhten Schallschutz haben sich für Treppen in Mehrfamilienhäusern nicht geändert. Da die Empfehlungen in Reihen- und Doppelhäusern den heutigen Mindestanforderungen nach DIN 4109 entsprechen, sind diese ebenso in der DIN SPEC 91314 angepasst worden.
Das DEGA Memorandum DEGA BR 0101 vom März 2011 beschreibt die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) in der Bauakustik aus Sichtweise der DEGA (Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.). Diese beziehen sich auf die vorherrschende Bautechnik im Vergleich zu den nicht mehr ausreichenden Anforderungen nach DIN 4109:1989-11, was durch verschiedene Gerichtsurteile begründet wird.
Für den Trittschallschutz bei Treppen sind im DEGA Memorandum DEGA BR 0101 vom März 2011 daher folgende a.R.d.T. formuliert:
Diese Anforderungen sind jetzt auch in die DIN 4109 als Mindestanforderungen aufgenommen worden.
Im Januar 2018 veröffentlichte die DEGA (Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.) die überarbeitete Empfehlung 103 zum Schallschutz im Wohnungsbau: den „Schallschutzausweis". Da die DIN 4109-1 nur die Mindestanforderungen formuliert, definiert die DEGA sieben Schallschutzklassen für die Bewertung von Wohnraum. Dies soll bereits in der Planungsphase den gewünschten Schallschutz festlegen und auch bei bestehenden Gebäuden den Schallschutz einordnen und vergleichbar machen. Dabei unterscheidet die DEGA Empfehlung zwischen den Klassen A* bis F. Wobei A* für einen sehr guten Schallschutz steht, bei dem ein ungestörtes Wohnen, nahezu ohne Rücksichtnahme gegenüber den Nachbarn, möglich ist. Die Klasse E und F beschreiben einen schlechten Schallschutz, der deutlich unter den Mindestanforderungen der DIN 4109-1 liegt, wie er in älteren Gebäude auftreten kann.
Für den Neubau von Mehrfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser formuliert die DEGA Empfehlung 103 (Januar 2018) unter Berücksichtigung der Mindestanforderungen nach DIN 4109-1 folgende Anforderungen an den Trittschall von Treppen, Laubengängen und Balkonen, mit der Ausnahme, dass die DEGA Klasse D bei Balkonen L'n,w ≤ 58 dB vorgibt: