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Baden-Baden

Modulare Bauweise für Flüchtlingsunterkünfte

Die Gemeinde Oberhausen-Rheinhausen im Landkreis Karlsruhe stand nach dem Jahr 2015 vor der gleichen Aufgabe wie viele andere Gemeinden in Deutschland: Wie kann schnellstmöglich den Flüchtlingen bedarfsgerechter Wohnraum zur Verfügung gestellt werden? Der Landkreis Karlsruhe entschied sich für die Bebauung des Grundstücks eines ehemaligen Fensterherstellers. Das neue Gebäude aus Betonfertigteilen ist modular aufgebaut und kann so später auch für Sozialwohnungen genutzt werden.

Der Generalunternehmer Hermann Laier GmbH & Co. KG aus Forst erwarb das Grundstück und baute die darauf stehende Halle als kurzfristige Behelfsunterkunft für Flüchtlinge aus. Im Anschluss daran begannen bereits die Produktion der Betonfertigteilelemente und der Bau des modularen Wohngebäudes, das über 140 Personen auf 2.000 Quadratmetern Wohnraum bietet.

„Für uns war es erste Priorität die Flüchtlinge so schnell wie möglich von der Notunterkunft in dem Bestandsgebäude in komfortablere Wohngebäude zu bringen“, so Christoph Laier, Architekt und zugleich Bauherr. „Zudem kam der Aspekt der Nachhaltigkeit und der flexiblen Umnutzung − da waren wir dann sehr schnell im Gespräch mit dem Betonfertigteilhersteller.“

 Gebäude mit Format    

Der Architekt Christoph Laier bedachte schon im Vorfeld die Besonderheiten, die es bei einer Planung mit Betonfertigteilen zu berücksichtigen gilt. Zum einen wird die Größe eines Fertigteilelements durch das Gewicht limitiert, das auf der Baustelle mit dem Kran noch gehoben werden kann. Zum anderen war es wichtig, das Fugenbild zu beachten: Die Dehnungsfuge in der Fassade ist zwingend erforderlich und dient dem Ausgleich von Temperaturschwankungen. Laier plante die Elemente mit 2,87 Meter Höhe von Rohfußboden bis Rohfußboden des darüber liegenden Geschosses jedoch in vier unterschiedlichen Breiten. Durch die Kombination der 6,00 Meter, 4,59 Meter, 3,38 Meter und 1,68 Meter breiten Fassadenelemente erzielte Laier das gewünschte Fugenbild: Die Fugen verlaufen über die 3 Geschosse nicht vertikal in einer Linie, sondern können so versetzt angeordnet werden. Dadurch wird der regelmäßigen Fensteranordnung ein gestalterischer Gegenpol gesetzt. Insgesamt wurden 946 Quadratmeter Fassadenelemente verbaut.

 Wände ohne Wärmebrücken

„Wir haben die Fassade als kerngedämmte Elementwand realisiert“, beschreibt Laurent Heintz vom Betonfertigteilhersteller Fehr seine Aufgabe. „Die Lösung mit den bereits gedämmten Außenwänden verkürzte die Bauzeit extrem, da wir uns mehrere Arbeitsschritte auf der Baustelle sparen. Wir mussten nicht mehr aufwändig dämmen und auch nicht weiter verputzen.“, erläutert Heintz weiter, der auch für die Montage der Module vor Ort verantwortlich war. Die Innenwände des Gebäudes sind ebenfalls als Doppelwand ausgeführt. Als Decke kommt eine Elementdecke zum Einsatz, die nach der Montage mit Aufbeton ergänzt wurde. Auch hier zeigt sich − neben der schnellen Bauzeit – ein weiterer Vorteil der Betonfertigteilbauweise: Durch das horizontale Betonieren auf den Schaltischen im Werk erhalten die Decken- und Wandelemente eine sehr schöne, dichte Sichtbetonoberfläche in gleichbleibender Qualität, da der Tisch den Beton durch einen Rüttelmechanismus gleichmäßig verdichtet.

„Wichtig beim Aufbau der kerngedämmten Elementwand ist eine wärmebrückenfreie Verbindung der Vorsatzschale und der Tragschale“, ergänzt Alexander Hettler vom Hersteller Schöck Bauteile GmbH. Hier kam der Schöck Thermoanker zum Einsatz. Der Schöck Thermoanker verbindet die äußere Schale mit der inneren Betonschale der Elementwand mit der geringstmöglichen Wärmebrücke. Diese kann bei der Berechnung des U-Wertes sogar vernachlässigt werden. Die Installation im Fertigteilwerk ist aufgrund seiner Geometrie sehr einfach. Denn der Schöck Thermoanker ist ein runder Stab aus Glasfaserverbundwerkstoff, der einfach durch die vorgebohrte Dämmung hindurch bis auf den Schalboden gesteckt wird. Durch seine abgeschrägten Enden steht der Schöck Thermoanker mit der kleinsten Fläche auf dem Schalboden auf und ist somit an der Außenseite nicht sichtbar. Laurent Heintz erklärt: „Wir bestellen den Schöck Thermoanker nach Wanddicke, hier waren es 36 Zentimeter. Das geben wir an Schöck weiter und dann wird anhand der statischen Bemessung und der zu produzierenden Quadratmeter die benötigte Stückzahl ermittelt.“ In der Produktion werden die vorgebohrten Wärmedämmplatten auf den Frischbeton der Vorsatzschale aufgelegt. Durch die Bohrung in der Dämmplatte wird der Anker bis auf den Schalboden in den Beton gesteckt. Nach Erhärtung in der Wärmekammer wird die Vorsatzschale gewendet und der Anker taucht in den Frischbeton der Tragschale ein. Der Schöck Thermoanker ist also Verbindungsmittel und Abstandhalter in Einem.

 Fertigteil und Fenster werden eins

 „Spannend wurde es, als Christoph Laier den Wunsch äußerte, die Fenster gleich im Werk in die Wandelemente zu integrieren. Dies war für uns eine neue Situation und wir haben zusammen mit einem Fensterhersteller eine Lösung für Wände mit Dämmung gefunden. Denn das Fensterelement musste – genauso wie die Wand – aus zwei Teilen bestehen. Ein Fensterelement wurde in die Vorsatzschale betoniert, das dazu passende Gegenstück in die Tragschale. Erst beim Einwenden der beiden Fertigteilelemente, bilden die zwei Fensterelemente eine Einheit“, erklärt Heintz.

 Just in time

„Wir haben im Oktober 2016 mit der Produktion der Elemente begonnen und hatten die Vorgabe bis Weihnachten 2016 den Rohbau fertig zu stellen“, erinnert sich Heintz an den engen Terminplan. Für die Herstellung eines Wandelements haben wir zirka eineinhalb Tage benötigt – natürlich haben wir an mehreren Tischen gleichzeitig betoniert. So konnten wir die Elemente je nach Baufortschritt just in time an die Baustelle liefern.“ Ein ausgeklügeltes Befestigungssystem, das im Werk Fehr erfunden und schon seit Jahren genutzt wird, erleichterte die Montage der Fassadenteile ungemein: „Wir betonieren in das Betonelement ein Stahlseil, das in der Länge der Höhe des Elements entspricht. Auf der Baustelle kann das am Fußende liegende Seil ohne Leiter oder Klettern am Kran befestigt werden. Nach der Ausrichtung der Fassadenelemente wird das Seil in den Hohlraum der beiden Platten gesteckt, der dann wie üblich mit Ortbeton verfüllt wird. „Wir nutzen das System schon seit Jahren in Frankreich, weil dort aus Sicherheitsgründen keine Leiter auf einer Baustelle genutzt werden darf“, erklärt Heintz die Erfindung.

 Nachhaltiges Konzept

Hauptziel dieses Projektes war es, durch schnelles Handeln Menschen aus der Notunterkunft in eine wohnlichere Umgebung unterzubringen. Durch die Vorteile der Fertigteilbauweise konnte dieses Vorhaben in kürzester Zeit realisiert werden. Sobald die Flüchtlinge aus der Notunterkunft in der alten Halle in die neuen Wohnungen einziehen, wird diese abgerissen und eine weitere Wohnungseinheit auf dem Grundstück errichtet. Im fertigen Zustand sind es dann zwei identische Gebäude, die in L-Form gespiegelt zueinander stehen. Das Gebäude ist modular geplant, so dass die Gebäude auch für Sozialwohnungen umgebaut werden können. Ein überzeugendes und nachhaltiges Konzept, dem bestimmt noch viele Gemeinden folgen werden.

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Jana Metzka
PR-Referentin