Nachhaltig erfolgreich: Die Zukunft des Lernens
Baden-Baden, im Februar 25 – Das „Bildungshaus NeckarPark“ in Bad Cannstatt ist eines der größten und innovativsten Schulbauprojekte der Landeshauptstadt Stuttgart. Es vereint vier Nutzungen für lebenslanges Lernen und ist zugleich das erste öffentliche Gebäude der Gebäudeklasse 5 in Holzbetonverbundbauweise in Stuttgart. Umlaufende Fluchtbalkone über alle Geschosse, an die eine Fassadenbegrünung mit Pflanztrögen angeschlossen ist, verleihen dem Bildungshaus sein markantes Äußeres. Die sichere Befestigung und zuverlässige Lastabtragung der auskragenden Stahlbetonfertigteile an die Holzkonstruktion konnte mit Schöck Isokorb sichergestellt werden.
Auf dem 22 Hektar großen, ehemaligen Güterbahnhofareal in Bad-Cannstatt realisiert die Landeshauptstadt Stuttgart mit dem „NeckarPark“ ein neues Wohn- und Gewerbegebiet. Das Quartier gilt als Modellprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung. 2.000 Menschen sollen künftig dort wohnen und arbeiten. Neben der Umsetzung der Gebäude im KfW 40 Standard, soll die Versorgung mit lokal vorhandenen regenerativen Energieträgern wie Solarenergie, Erd- oder Abwasserwärme gewährleistet werden.
Zentraler Baustein des neuen Quartiers ist das „Bildungshaus NeckarPark“, ein Schul- und Bildungsstandort, der sich durch ein innovatives pädagogisches Konzept auszeichnet: Mit einer vierzügigen Ganztagsgrundschule, einer Kindertagesstätte mit sieben Gruppen, einer Mehrzweck-Sporthalle mit zwei Feldern und 150 Sitzplätzen sowie dem neuen Mittelzentrum Bad Cannstatt der Volkshochschule (VHS) führt es vier Nutzungen zusammen. Grundschule und Kita sind in Lernhäusern eng miteinander verzahnt. Baustart für das Großprojekt war im September 2022, die Fertigstellung ist für das 2. Quartal 2025 geplant.
Ort des lebenslangen Lernens
Für das ambitionierte Vorhaben erarbeiteten die Architekten von Glück+Partner GmbH Freie Architekten BDA Stuttgart einen Entwurf, der dem Modellvorhaben „Bildung als Standortfaktor“ auf dem 7.500 Quadratmeter großen Areal in intelligenter Weise Rechnung trägt. Die Ingenieursleistungen übernahmen Furche Geiger Zimmermann Tragwerksplaner GmbH aus Wendlingen, die Bauleistungen das Bauunternehmen Wolff & Müller aus Stuttgart.
Das „Bildungshaus NeckarPark“ besteht aus drei, U-förmig angeordneten Baukörpern. Eine sogenannte Bildungsmagistrale verbindet die Erschließungselemente sowie die Nutzungen Kita, Schule, Sporthalle und VHS miteinander: „Als eine Art roter Faden verläuft dieses architektonische Element teils im Gebäude, teils außerhalb als überdachter Bereich baulich und visuell von Norden nach Süden“, berichtet Architekt Eckart Mauch von Glück+Partner GmbH. Der Gebäudekomplex ist mit einer Tiefgarage unterkellert.
Die Gebäudehülle besteht im Wesentlichen aus Holz-Ständerwänden mit einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade, Holz-Rahmenfenstern und wurde als Holz-Pfosten-Riegel-Fassade realisiert. Die Fenster und eine Verschalung aus Eichenholz in den Obergeschossen stellen einen sichtbaren Bezug zur Holzhybridkonstruktion her. Die Fassadenbegrünung durch horizontal angeordnete Pflanzentröge mit vertikalen Rankstrukturen – eine Vorgabe aus dem Bebauungsplan – verleihen dem Bildungshaus seine besondere Optik.
Bauen mit Holz: weniger CO2, Beton und Gewicht
Für Holz als Baumaterial im Bildungshaus sprach neben dem optischen Erscheinungsbild vor allem das deutlich geringere Eigenwicht gegenüber Beton und Stahl: „Der natürliche Rohstoff Holz spart nicht nur CO2 und Beton, er reduziert auch das Gewicht der Baukörper. Für den Bau war das ein entscheidendes Kriterium, denn das Baufeld befindet sich in der Kernzone eines Heilwasserschutzgebietes“, erklärt Marco Tschöp, Leiter Team Projektmanagement Neu- und Erweiterungsbauten, GÜ-Projekte bei der Stadt Stuttgart. Um die empfindlichen geologisch-hydrogeologischen Verhältnisse und mineralwassertrennenden Gipskeuperschichten, die sich bereits ab 6 Meter unter der Geländekante befinden, nicht zu tangieren, durften die Gebäude daher nur in eine gewisse Tiefe eingründen.
Novum in Stuttgart
Zur standsicheren Ausführung errichteten die Planer die erdberührten Gründungsbauteile, die Untergeschosse und Tiefgarage sowie die Wände der Sporthalle und die Erschließungskerne in beiden Hauptbaukörpern in konventioneller Stahlbetonbauweise. Alle darüberliegenden Geschosse konstruierten die Ingenieure in Holzhybridbauweise. Im Vergleich zur Stahlbetonbauweise konnte das Gewicht der Baukörper so um rund die Hälfte reduziert werden.
Die Baukörper – bis auf die Sporthalle – wurden als Skelettbau konzipiert. Um Kräfte quer zur Holzfaser zu vermeiden, durchlaufen die Stützen die Geschossdecken. Die Unterzüge lagern in Auflagertaschen am Stützenkopf.
Die Geschossdecken wurden als Holz-Beton-Verbunddecken einachsig mit einer Stützweite von 7,50 Meter ausgeführt und liegen im Fassadenbereich auf Holzträgern aus Bau-Buche auf. Die Holzträger werden durch Holzstützen im Raster von 2,40 Meter abgefangen. Die Brettschichtholzelemente für die Decke haben eine Dicke von 20 Zentimeter, die darüber durch Kerven und Verschraubungen im Holz schubfest verbundene Ortbetonschicht eine Dicke von 10 Zentimeter.
Umlaufende Fluchtbalkone
Das Lerncluster-Konzept und die enge Verzahnung der Ganztagsgrundschule mit Kita forderte von den Architekten ein Raumkonzept, in dem die inneren Module flexibel und frei ausgestaltet werden können. Die Flucht- und Rettungswege verlagerten die Planer daher auf umlaufende Balkone mit außenliegenden Fluchttreppen über alle Geschosse. Die Balkone dienen zugleich als Wartungsgang für die fassadengebundene Begrünung, die aufgrund der beengten Grundstücksverhältnisse nicht als Bodenbegrünung realisiert werden konnte.
Konstruktive Herausforderung
Der sichere Balkonanschluss an die Holz-Beton-Verbunddecke stellte die Planer beim Bildungshaus vor eine für sie neue und spezielle Aufgabe. „Durch das Gewicht der Pflanztröge und die auf Seile einwirkenden Kräfte aus Wind, entstehen relativ große Schnittkräfte im Isokorb, die abgetragen werden müssen“, erklärt Dipl.-Ing Michael Geiger, Geschäftsführender Gesellschafter bei Furche Geiger Zimmermann. Mit Befüllung der Pflanzen bringen allein die Tröge immerhin rund 500 Kilogramm je Laufmeter auf die Waage.
Zuverlässiger Balkonanschluss mit Schöck Isokorb
Bei der Befestigung und Lastabtragung der Auskragungen setzten die Planer auf verschiedene Typen des tragenden Wärmedämmelements Schöck Isokorb: „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren sehr gut mit Schöck zusammen, vor allem, weil sie auch Sonderlösungen ziemlich unspektakulär abarbeiten. Das ist ein Riesenvorteil, dass es zwar Standardtypen gibt, aber eine Sonderlösung eigentlich auch schon ein Standard ist“, berichtet Michel Geiger. „Die Bemessung macht Schöck und wir erhalten eine CAD-Zeichnung, die wir übernehmen können. Das funktioniert sehr gut.“
Die konstruktive Herausforderung der zuverlässigen Befestigung und Lastabtragung beim Bildungshaus lösten die Planer, indem sie die Zuglasten, die aus dem tragenden Wärmedämmelement kommen, zunächst in die 10 Zentimeter dünne Aufbetonschicht einleiten. Von dort wird die Last über Schrägschrauben in die 20 Zentimeter dicke Holzplatten eingeleitet.
Aufhängung in aufgehende Wände
Eine Besonderheit bei der Planung und beim Einbau bildeten die Treppenhausbereiche, in denen hinter den Fluchtbalkonen keine Decken, sondern Lufträume ausgebildet waren. „Zur Lastableitung mussten wir daher die Balkone in die aufgehenden Wände der Treppenhäuser hängen“, erklärt Harald Kurz, Oberpolier bei Wolff & Müller. Die Zug- und Querstäbe des Isokorb XT Typ K und Typ Q wurden dafür nach oben in die aufgehenden Betonwände geführt.
Knackpunkt: Einbau über Eck
In den Eckbereichen wurden die Balkone überwiegend in Ortbeton ausgeführt und mit verschiedenen Typen Schöck Isokorb XT Q angeschlossen. Zusätzlicher Knackpunkt beim Einbau über Eck: Die 100 mm langen Querkraftstäbe des Isokorb durften sich nicht treffen und mussten in die Bewehrung passen. Das gelang – wie die anderen Herausforderungen dieses Projekts – durch eine detaillierte Planung im Vorfeld und eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Einbau im Fertigteilwerk
Die Balkone – in Summe 431 in 187 Ausführungen – wurden als Vollfertigteil im Fertigteilwerk Spittwitz bei Bautzen produziert. Pro Balkon wurden zwei bis drei tragende Wärmedämmelemente Schöck Isokorb T Typ K mit 80 mm Dämmung eingebaut. Um das Gewicht der Balkone zu reduzieren und Material zu sparen, wurden Verdrängungskörper in die Betonplatte eingesetzt. „Um eine Kollision der Isokorb-Bewehrung mit den Hohlkörperelementen zu vermeiden, waren die Stäbe der Sonderkörbe über oder unter den Elementen abgekröpft“, erklärt Kai Tobias, Projektleiter im Betonwerk.
Die Mitarbeiter vom Betonwerk verwenden bei ihren Projekten oft Isokorb und schätzen die Zusammenarbeit mit Schöck: „Sie stehen immer mit Rat und Tat zur Seite. Beim Bildungshaus waren Schöck und wir von Anfang an dabei und haben bei möglichen Verbesserungen unterstützt“, berichtet Kai Tobias.
Vor Ort wurden die Fertigteile mit dem Kran an die Einbaustelle gebracht, temporär abgestützt und mit der Ortbetonschicht der Holz-Beton-Verbunddecke vergossen. Etwa eine halbe Stunde dauerte der Einbau pro Balkon. Insgesamt rund 1.287 Stück Isokorb wurden am Bildungshaus verbaut.
Balkone erdbebensicher planen und ausführen
Neben Isokorb T Typ K und Isokorb XT Typ K und Q kam beim Bildungshaus NeckarPark auch Isokorb XT Typ H zum Einsatz. Das Wärmedämmelement überträgt Kräfte senkrecht und/oder parallel zur Dämmebene und ist zur Aufnahme von Erdbebeneinwirkung geeignet.
Denn aufgrund der Lage des Baufelds in einem Erdbebengebiet (Zone 1), rechneten die Planer in Abstimmung mit dem Prüfingenieur und dem Bauherrn das Gebäude nach dem neuen Nationalen Anhang der Erdbebennorm DIN EN 1998‑1/NA:2021-07. Dessen Novellierung steht unmittelbar bevor. „Baurechtlich hätten wir ohne Erdbebeneinwirkung rechnen können, privatrechtlich wäre es hingegen schwieriger gewesen, weil es schon als Stand der Technik gilt“, erklärt Michael Geiger. Mit Isokorb XT Typ H lieferte Schöck für die erdbebengerechte Ausführung der Balkone das passende und das zugleich einzige am Markt verfügbare Wärmedämmelement mit bauaufsichtlicher Zulassung.
Erfolgreiche Zusammenarbeit
Die Konstruktion als moderner Hybridbau verbunden mit der besonderen Lage und den hohen Anforderungen an Nachhaltigkeit und das pädagogische Konzept erforderte eine intensive Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten. Der erste Meilenstein wurde nach nur rund 16 Monaten Bauzeit mit dem Richtfest gefeiert. Die Schülerinnen und Schüler der Ganztagesgrundschule sowie die Kitakinder sollen zum Schuljahr 2025/26 einziehen. Der Start des Volkshochschul-Betriebs ist für Sommer 2025 vorgesehen.
Bautafel
Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart, vertreten durch das Schulverwaltungsamt
Architektur: Glück + Partner GmbH Freie Architekten BDA, 70197 Stuttgart
Bauunternehmung: Wolff & Müller, Hoch- und Industriebau GmbH & Co. KG, 70435 Stuttgart
Planung: Furche Geiger Zimmermann Tragwerksplaner GmbH, 73240 Wendlingen am Neckar
Fertigteilwerk: Betonwerk Spittwitz GmbH, 02633 Göda
Produkte: Schöck Isokorb T/XT Typ K, Typ Q, Typ H