Für den geneigten Zugfahrer ist der Anblick von sogenannten Trieb- und Gliederzügen auf dem Schweizer Schienennetz zur Normalität geworden. Die zusammenhängenden Formationen erfordern jedoch andere, vor allem längere Wartungshallen als Loks und Einzelwagen. In Olten, Schweiz, entsteht nach Einschätzung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) die möglicherweise komplexeste Revisionsanlage der Welt. Die Anlage wird von einer Starkstromleitung durchquert. Da es bei einer herkömmlichen Stahlbewehrung durch Induktionswirkung zu Wirbelströmen und dadurch zu starkem Energieverlust und Erwärmung der Bodenplatte gekommen wäre, wurde die nicht elektrisch leitfähige Glasfaserbewehrung Combar des Bauprodukteherstellers Schöck eingebaut.
Die bisherige Infrastruktur im fast 40 Jahre alten Oltner Industriewerk, dem ältesten der Schweiz, war für ganze Trieb- und Gliederzüge nur unter großen Einschränkungen geeignet. Das gleichzeitige Arbeiten unterflur, seitlich und auf dem Dach war wegen der mangelnden Hallenhöhe nicht möglich. Gewisse technische Einrichtungen fehlten gänzlich. All dies wird mit der neuen, 200 Meter langen Wartungshalle „Tannwald“ ermöglicht.
In erster Linie geht es darum, den Unterhalt der Zugeinheiten zu beschleunigen und diese schneller wieder einsetzen zu können. Dazu wurde die bestehende Halle in Etappen bei laufendem Betrieb rückgebaut, ein um vier Meter höherer Ersatzneubau ebenfalls etappenweise erstellt, drei 150 Meter lange Revisionsgleise eingelegt und eine Unterflurhebeanlage mit 300 Tonnen Hubkraft installiert. Für solche Kraftprotze und für die Züge selber genügt natürlich keine normale Steckdose. Die bestehenden Stark- und Bahnstromleitungen konnten zwar übernommen werden, mussten jedoch in die neue Bodenplatte des mittleren Unterflurkanals eingegossen werden. Mit dem Bahnstrom (15.000 V/16,7 Hz) werden die Züge gespeist; der Starkstrom (16.000 V/50 Hz) wird auf 400 V transformiert und versorgt die technischen Anlagen.
Die acht in einem Rohrbündel verlaufenden Leitungen wurden im besagten Bereich freigelegt und temporär sorgfältig aufgehängt. Während der Planung hatte ein Bahnstromspezialist der SBB dringend davon abgeraten, unmittelbar um die Leitungen herum eine herkömmliche Stahlbewehrung zu verwenden. Grund dafür ist, dass mit einer Stahlbewehrung eine Induktion entstehen würde, die zu Wirbelströmen führt. Diese haben zur Folge, dass Energie verloren geht und sich die Bodenplatte erwärmt. Eine Vermeidung dieser Wirbelströme kann nur mit einer elektrisch nicht leitenden Bewehrung behoben werden.
In Absprache mit den Statikern entschied sich der Bauherr für eine Spezialbewehrung von Schöck, die rund einen halben Meter um die Leitungen herum verlegt wurde. Die Bewehrungsstäbe aus Combar sind weder magnetisch noch magnetisierbar, leiten also keine Elektrizität, und sind außerdem korrosionsfrei. In einem zweiteiligen Herstellungsverfahren werden hochfeste Glasfasern so dicht wie möglich gebündelt und schließlich mit Vinylesterharz imprägniert. Auf diese Weise entsteht ein widerstandsfähiger, dauerhafter Werkstoff. Die nach Kundenwunsch geformten Stäbe wurden unter und über den Leitungsrohren kreuzweise verlegt und mit der anschließenden Stahlbewehrung verbunden. „Was an Combar praktisch ist: Es unterscheidet sich punkto Verarbeitung in nichts von herkömmlichem Betonstahl. Wir mussten weder die Mitarbeiter schulen noch spezielle Übergänge vorsehen“, so Björn Ossenbrink, Projektleiter beim Generalplaner.
Trotz des Einsatz einer vergleichsweise kleinen Menge an Glasfaserbewehrung, zeigt dieses Beispiel neben einer Vielzahl anderer Detaillösungen bei Projekten der SBB, wie unkompliziert und wirksam die Spezialbewehrung mit Stahl kombinierbar ist. Sie kann flächendeckend für ganze Gebäudeteile oder punktuell sehr spezifische Aufgaben lösen.
Der Glasfaserstab Combar findet neben dem Ingenieurbau, wie Tunnel-, Brückenbau, dem Bau von Industrie- und Energieanlagen sowie Forschungseinrichtungen, auch im allgemeinen Hochbau Anwendung. Als Zugstab im Wärmedämmelement Schöck Isokorb für auskragende Bauteile kommt die geringe Wärmeleitfähigkeit von 0,7 W/mK des Faserverbundwerkstoffs zum Tragen und reduziert Wärmebrücken auf ein Minimum.